Krankenhäuser wollen Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit schicken – Regelungslücke gefährdet stationäre Kapazitätsreserven in der Corona-Krise und führt zur ungewollten Doppelfinanzierung
Die Corona-Krise stellt insbesondere für die Krankenhäuser eine enorme Herausforderung dar. Während sich die Intensivabteilungen auf einen Behandlungsanstieg aus einer möglichen 2. Infektionswelle vorbereiten, herrscht in vielen anderen Abteilungen gespenstische Ruhe. Zum einen meiden Patienten aus Sorge vor einer Infektion die Krankenhäuser. Zum anderen ist es politisch gewollt, dass die Krankenhäuser planbare, nicht dringend notwendige Behandlungen verschieben, um Reserven für einen COVID19-bedingten Behandlungsanstieg vorzuhalten. Nach aktuellen Daten des BKK-Landesverband NORDWEST ist die Auslastung der Krankenhäuser um bis zu 50% zurückgegangen.
Die Politik hat zur Sicherung der stationären Infrastruktur sehr schnell reagiert und mit dem Krankenhausentlastungsgesetz einen Rettungsschirm erstellt, welcher u. a. die Zahlung von 560,- € für jedes ungenutzte Krankenhausbett je Tag vorsieht. Die Gelder werden auf Anforderung der Krankenhäuser wöchentlich durch die Landesministerien unbürokratisch ausgezahlt. Zusätzlich ist durch die Erhöhung des sog. Pflegeentgeltwertes um über 25% sichergestellt, dass entfallende Erlöse wieder aufgeholt werden können.
Ganz aktuell kann der Berichterstattung entnommen werden, dass einzelne Krankenhäuser zusätzlich zu dem für sie geschaffenen speziellen Rettungsschirm, ihre Mitarbeiter*innen in die Kurzarbeit schicken wollen, um damit parallel den allgemeinen Rettungsschirm für die Wirtschaft zu nutzen. Dies führt dazu, dass über den einen Rettungsschirm der hauptsächliche Kostenanteil einer Klinik, die Personalkosten, deutlich heruntergefahren und gleichzeitig über einen anderen Rettungsschirm die Einnahmen garantiert werden.
Während der Gesetzgeber bei den zeitlich später verabschiedeten Rettungsschirmen für Reha- und Pflegeeinrichtungen eine Doppelfinanzierung durch Anrechnung möglicher Kurzarbeitergelder ausgeschlossen hat, wurde dies bei dem ersten Corona-Rettungsschirm für den Krankenhausbereich offensichtlich noch nicht bedacht.
Die Krankenhausinfrastruktur ist absolut systemrelevant. Dirk Janssen, stellv. Vorstand des BKK-Landesverband NORDWEST: „Es darf jedoch nicht angehen, dass eine Klinik aus der Krise insgesamt profitiert, in dem sie die Mitarbeiter/innen auf Kosten der Sozialversicherungssysteme nach Hause schickt und gleichzeitig garantierte Ausgleichszahlungen für diese Zeit aus einem anderen Rettungsschirm einfährt.“ Damit werden der Versorgung auch ggf. notwendige kurzfristig verfügbare Kapazitäten bei einem Anstieg der Infektionszahlen entzogen.
Nach Meinung des BKK-Landesverband NORDWEST kann es sich daher nur um eine politisch ungewollte Regelungslücke handeln, dass Krankenhäuser Kurzarbeitergeld beantragen und gleichzeitig Ausgleichszahlungen nach dem Krankenhausentlastungsgesetz beziehen.