Antibiotikaverordnungen rückläufig – regionale Unterschiede bleiben bestehen

Hamburg, 11.04.2019

Der Einsatz von Antibiotika ist in den vergangenen Jahren (so eine Auswertung des BKK-Landesverbandes NORDWEST bei neun Millionen Versicherten) in Deutschland zurückgegangen. Laut ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) ist der Antibiotikaverbrauch von 2013 bis 2017 um 13 % gesunken1.
Allerdings, so stellt der BKK-Verband fest, gibt es weiterhin große regionale Unterschiede. Während in Hamburg 38% der Patienten (ca. jeder Dritte) bei einem Harnwegsinfekt ein Antibiotikum erhalten, sind es in Hessen nur 23% (jeder Vierte) (Stand: 4. Quartal 2017).
Dazu Gerd Glaeske, Arzneimittelexperte von der Universität Bremen: „Wichtiger als der absolute Rückgang der Antibiotikaverschreibungen ist es, die richtigen Antibiotika auch richtig einzusetzen!“.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) veröffentlichte am 08. April 2019 einen Rote-Hand-Brief, in dem die Behörde vor Risiken bei der Einnahme der Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Norfloxacin sowie Ofloxacin warnte. Laut BKK-Auswertung wurden diese Wirkstoffe 2017 bei mindestens 30% der Verordnungen bei Harnwegsinfekten eingesetzt. Die Gefahr: Lang anhaltende und möglicherweise irreversible Nebenwirkungen.
Bei Harnwegsinfekten ist in der Regel nur ein Antibiotikum notwendig. In Berlin sowie Sachsen-Anhalt wird hier bei ca. jedem 10. Patienten das Testverfahren Antibiogramm eingesetzt. Dadurch sinkt die Zahl der Antibiotika-Verordnungen bei den Patienten insgesamt um 8%. Während in Hamburg im Schnitt bei jedem 20. Patienten (4,4%) ein Antibiogramm durchgeführt wird, wird das Verfahren im Saarland kaum angewandt, hier erhält nur jeder 100. Patient ein Antibiogramm (1%).
Die Zielgenauigkeit des Antibiotika-Einsatzes kann auch bei anderen Erkrankungen verbessert werden: So werden z.B. bei einem Erkältungsschnupfen, der oft von Viren ausgelöst wird, bei bis zu 17% der Patienten noch immer Antibiotika verordnet und zwar zu zwei Drittel von Fachärzten, wie Hals-Nasen-Ohrenärzten oder Kinderärzten.
„Angesichts der medizinisch nicht erklärbaren Verordnungsunterschiede brauchen wir mehr Diskussion über regionale Erfolgsrezepte innerhalb der Ärzteschaft“, sagt Dr. Dirk Janssen, stellv. Vorstand des BKK-Landesverbandes NORDWEST. Der BKK-Landesverband NORDWEST setzt sich für den rationalen Einsatz von Antibiotika und die Durchführung der in medizinischen Leitlinien empfohlenen Testverfahren ein.