Bundesfinanzminister Christian Lindner will die AU per Anruf wieder abschaffen. Grund: der hohe Krankenstand. Dazu gibt es widersprüchliche Meinungen.
Die Möglichkeit, sich am Telefon krankschreiben zu lassen, war während der Corona-Pandemie zur Praxisentlastung und zum Infektionsschutz eingeführt worden. Sie galt bis März 2023. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken beschloss, die Regelung ab dem 7. Dezember 2023 dauerhaft wiedereinzuführen, um den Arztpraxen im Infektionswinter Luft zu verschaffen.
Linder: Er wolle niemandem vorwerfen, die Regelung auszunutzen – aber es gebe „eine Korrelation zwischen dem jährlichen Krankenstand in Deutschland und der Einführung der Maßnahme, die als guter Bürokratieabbau gedacht war“. Im Zuge ihrer Wachstumsinitiative für die Wirtschaft hat die Bundesregierung vereinbart, die telefonische Krankmeldung zu überprüfen.
Wir meinen:
Gerade in infektiösen Hochzeiten wie z.B. Grippewellen hat sich die telefonische AU-Meldung bewährt. Sie entlastet Arztpraxen und verhindert weitere Ansteckungsherde. Das vermeintliche „Blaumacherproblem“ einzelner werden wir durch die kollektive Reise infektiöser Patienten in die Wartezimmer, ggf. noch mit Bus und Bahn, nicht lösen. Angesichts der Herausforderung des demografischen Wandels wird die Zukunft der ambulanten Versorgung generell eher weniger in Präsenzterminen liegen, sondern digitaler werden müssen, beispielsweise auch durch mehr Videosprechstunden.
Das weitaus größere ökonomische Problem für den Wirtschaftsstandort Deutschland liegt in der ungezügelten Kostenumverteilung des Bundes und der Länder auf die Beitragszahlenden und Arbeitgeber. Hier könnte Herr Lindner in seinem Ressort sehr viel mehr bewirken, als neue Scheindebatten zu eröffnen“, sagt Dr. Dirk Janssen, Vorstand des BKK-Landesverbandes NORDWEST.